Vorab : Da wir schon mehrmals in dieser Gegend waren, gibt es zu allen Aspekten aus früheren Aufenthalten bereits andere, weitere, bessere Bilder. Solche Motive wollen wir hier nicht wiederholen.
Wir stießen beim Suchen im Netz wie zufällig auf die Wohnung 54 im Haus Hamburg zu Großenbrode. Zur angepeilten Zeit 15-22. Februar 2025 war diese Wohnung, in der wir 2017 als Katholiken den 500. Jahrestag der Reformation gefeiert hatten („Großenbrode I“), verfügbar, zu buchen über Bünning. Gedacht, getan.
Sinn, Zweck, Ziel, Attraktion und gelebte Praxis des Aufenthalts war und ist die phänomenale Panorama-Aussicht auf die Bucht zwischen Fehmarn Südstrand bis kurz vor Dahme. Mit etwas Einbildung und steigender atmosphärischer Klarheit sahen wir vielleicht sogar ein Stück der Küste bei Kühlungsborn. Zwei Faktoren begünstigten diesen Genuss : Das sonnige Wetter spielte mit, die Heizung funktionierte gut und die großen Fenster waren geputzt. Auch das Balkongeländer störte nicht weiter. Im Schlafzimmer steht ein Bett, und selbst im Liegen haben wir den vollen Meerblick – inklusive Sonnenaufgang. Sogar nachts ist es nicht zu dunkel, um das Wasser im Mondschein glitzern zu sehen. Dazu hören wir natürlich Beethoven’s Mondschein-Sonate. Die Küche der Wohnung ist so klein, dass sie nur als Kombüse gelten kann.


Samstag 15. Februar 2025
Die Anreise (9 Uhr los) verlief ruhig und ohne besondere Vorkommnisse. Mit den bescheiden gewordenen Erwartungen der Elektro-Mobilistin gelangten wir bei Temperaturen um 0° und reichlich Reserve bis Soltau. In einem gemütlichen Autohof-Restaurant warteten wir bei gutem Kaffee ab, bis es weiterging. Kurz vor 13 erreichten wir die Agentur Bünning, welche inzwischen aus der in die Jahre gekommenen „Fußgängerzone“ in einen Neubau an der Strandpromenade umgezogen waren. Am Haus kamen wir mit dem Aufzug nicht zurecht und schleppten unsere Brocken in mehreren Fuhren über den Park- und Vorplatz zu Fuß in die fünfte Etage. Nach dem Einleben machten wir einen Gang zur „Mole“, wo wir im gleichnamigen Haus Ende 2021 den Urlaub „Großenbrode II“ verbracht hatten. In Großenbrode war wirklich „alles“ geschlossen, bis auf NORBU im Haus zur Mole. Es gab Waffeln. Wegen der bevorstehenden Fastenzeit leider ohne Sahne,
Sonntag 16. Februar 2022, zweiter Tag
Gleich am Sonntag wollten wir die selbstgestellte Pflichtfahrt erledigen : Besichtigung der Tunnelbaustelle. Unser Reiseplan ging nicht auf. Wege waren gesperrt. Wir machten einen großen Umweg über Burg, gerieten sogar nach Burgstaaken, wo die Eiseskälte bei pfeiffenden Winden ihren Höhepunkt darbot. In Burgstaaken war alles geschlossen, wir wussten nicht so recht, und fuhren dann über die an ihren Seitenflanken komplett abgeholzte B207 nach Puttgarden. Die Rodungen gehören zu den Maßnahmen, die B207 – zwar nicht zur Autobahn A1 – aber doch vierspurig zur E47 auszubauen. Optisch verheerend, aber später will man wieder aufforsten. Der Marienleuchter Weg verlief noch annähernd wie 2022, man sah jedoch von der Tunnelbaustelle fast nichts, nur dass das ganze Gebiet quadratkilometerweise einen verwüsteten Eindruck machte. Hier braucht man viel Fantasie und Glauben an die Versprechungen der Projektleitung. In Marienleuchte fanden wir, wie meistens in Dörfern, keinen Parkplatz. Am Nordufer, beim Leuchtturm, war in der Zwischenzeit tatsächlich eine neue Siedlung mit Ferienwohnungen entstanden, in deren Vermarktung die Tunnelbaustelle komplett verschwiegen wird. Es reichte uns, ohne Foto-Ausbeute reisten wir wieder ab. Zwischenziele boten sich nicht an, im Februar sind die einschlägigen Anlaufpunkt halt alle geschlossen.
B207 auf Fehmarn vor der Abholz-Aktion
Montag 17. Februar 2025, dritter Tag
Wieder sonniges, kaltes Wetter, immerhin wenig Wind. Das Außenprogramm bestand aus einer langen Wanderung am nordöstlichen Ufer entlang bis Großenbroder Fähre, wo schon seit den frühen 1960er Jahren keine Fähre mehr geht. In den verlassenen Hafenbecken liegen vielleicht im Sommer ein paar Segelboote. Auch das ist schwer vorstellbar, denn zu dominant tritt hier der Verfall in Erscheinung. Am maximal 4m hohen Steilufer gab es Abbrüche, eines davon erinnerte an Etretat. Der Rückweg nach Großenbrode City zog sich hin, es wanderte sich sehr anstrengend. Bei Nahkauf machten wir einen Zwischenstopp. Irgendwann war auch ein Besuch bei JENS an der Reihe, der große JENS (EDEKA-Markt) am Bahnübergang der stillgelegten Bahnlinie Neustadt-Puttgarden. Seit 2019 fährt kein Zug mehr, aber der Bahnhof Großenbrode ist nachts noch hell bzw. trübe beleuchtet. Oder waren wir Dienstag bei JENS ? Egal.
Burg, Burgstaaken, Marienleuchte
Dienstag, 18. Februar 2025, vierter Tag
Wetter für bürgerliche Gemüter immer noch großartig – wir fanden es deutlich zu kalt. Heute sollte es nach Burg gehen, ein Burgtag stand an. Wir parkten „wie immer“ an der katholischen Kirche St. Xaverius der Pfarrei St. Vicelin (!) und machten unseren Rundgang durch die Innenstadt, das heißt konkret Breite Straße, Am Markt, Ohrstraße. Für eine Einkehr blieb nur die dortige Filiale von JUNGE übrig. Recherchen ergaben, dass Junge drei Bäckereien hat: Lübeck, Rostock, Greifswald. Die Anzahl der Verkaufsfilialen und Backshops mit Cafébetrieb waren nicht zu ermitteln. Als Kaffee wählten wir leichtsinnigerweise „mild“ – schade. Dazu eine winzige Schnitte mit Spiegelei und Deko. Krönender Abschluss des Burgbesuchs war dann auch schon der Pflichttermin im Femern-Infobüro, wo man seit über 10 Jahren Besucher über die Tunnelbaustelle aufklärt. Wir wollten keine Flyer, sondern suchten das Gespräch.

Personal des Femern-Infocenter in Burg · © und Bildverlinkung zu https://femern.com/de/besuchen-sie-uns/burg/
Der nette Kommunikations-Manager (Name nicht gemerkt, nennen wir ihn Ole, abgeleitet von Outdoor-Ole gleich nebenan) ließ sich darauf ein, gab sich zuversichtlich, dass irgendwann alles klappt. Seine auf dem Foto dänisch dreinschauende Kollegin war nicht anwesend. Wir verstehen ihn als Projekt-Seelsorger für Baustellen-Betroffene und -Skeptiker, und es gelingt ihm offenbar, Gegner zu Befürwortern umzudrehen, ohne manipulativ zu wirken. Man kann sogar Radtouren über die Baustelle buchen, und es soll ein Aussichtsturm gebaut werden. Auf dänischer Seite sowieso, aber da läuft alles viel glatter. Trotz gleichem Umweltrecht, so sagte er, hätte das dänische Planfeststellungspapier 1600 Seiten Umfang, und das deutsche die zehnfache Zahl. Vielleicht waren es auch nur die Umwelt-Auflagen. Hörte sich jedenfalls unvorstellbar an. Er sei an der Bahnlinie Berlin-Hamburg aufgewachsen, wo Krach ein Problem war, bzw. kein Problem. Ole erwähnte als Krachmacher die zu DDR-Zeiten dort verkehrenden Züge mit der legendären Lok, deren volkstümliche Bezeichnung Taiga-Trommel lautete. Wir horchten auf, doch seht selbst: https://youtu.be/gGl9z7OsuYU?si=gmjuEynZXJ3sQrHR
Nun dankten wir, fuhren zufrieden wieder nach Hause, nicht ohne vorher bei unserer Lieblingstankstelle bft Willer eine Autowäsche für 9,80 € einzulegen, die erste Autowäsche für dieses Moped überhaupt, und kümmerten uns daheim um unseren Ausblick auf den Sund. Später gab es noch einen Abstecher nach Heiligenhafen, um bei einsetzender Dämmerung am Hafen ein paar Fotos vom Typ „Speicher-Romantik“ zu schießen. Doch zunächst war es noch zu hell dafür. Wir entdeckten ein uns bisher verborgenes neues Viertel auf dem Steinwarder. Alles Neubauten mit Wohnungen, Läden und Gastronomie. Leider etwas sehr künstlich und retortenartig angelegt. Das passiert immer, wenn im großen Stil in kurzer Zeit riesige Projekte entstehen, die später dann nicht so angenommen werden, wie erhofft. Für uns hieß es mal wieder Einkehr bei JUNGE, bevor dann am Hafen die drei erhofften Fotos entstanden, wenn auch nicht zur besten Uhrzeit.
Mittwoch 19. Februar 2025, fünfter Tag, Lübeck-Tag
Spontan riefen wir den Lübeck-Tag aus. 80 km B207, Autobahn A1. Wir parkten neben dem MUK, Musik und Konferenz-Halle. Heute waren mal keine Kirchen und Museen dran. Das Günter-Grass-Haus geschlossen, die Musikhoschule aufführungsfreie Woche. Daher konzentrierten wir uns auf den szenig-kultigen Geschäfts-Abschnitt Julius-Leber-Straße, Wahmstraße, Hüxstraße und Fleischhauerstraße. Noch immer gab es viele kreative Läden und Micro-Restaurants, allerdings lief alles wegen der Kälte auf Sparflamme. Die Micro-Restaurants haben in der Regel 2 Tische, welche zu 50% belegt waren – d. h. der Tisch draußen war frei. Uns blieb nichts anderes übrig, als beim nächstbesten JUNGE einzukehren, um die Finger wieder aufzutauen. Dafür brauchte es 2 Runden Americano – diesmal aber nicht mild, sondern heavy. Wir verließen Lübeck nicht über die A1, sondern wählten den Schleichweg über Kücknitz (2,10 € Maut) für einen Stop-over in Travemünde. Dort war fast alles wie gehabt (zuletzt April 2024). Wir liefen bis zum Maritim, stellten fest, dass beide JUNGE-Filialen am Wegesrand schon geschlossen hatten und kehrten spontan, wirklich ungeplant bei Gosch für ein gemütliches vorgezogenes Abendessen ein. Dazu ein alkoholfreies Flensburger. Bevor wir auf dem weiteren Rückweg doch wieder auf die A1 gelangten, gönnten wir uns noch ein paar Kilometer „par-la-côte“ – nämlich über die am Strand herführende B76 Timmendorferstrand, Scharbeutz, Sierksdorf. Dass es sowas Schönes gibt. Es wurde endgültig dunkel.
Lübeck, 19. Februar 2025
Donnerstag, 20. Februar 2025, sechster Tag
In der Nacht zog eine ungemütliche Windlage auf, das Meer zeigte Wellengang, aber insgesamt nichts Dramatisches. Spaziergänge erforderten eine sorgfältige Planung. Für den frühen Nachmittag war eine weitere Tour nach Heiligenhafen vorgesehen. Im Sommer hätten wir das Fahrrad genommen, nun aber das Auto. Unser Ziel in Heiligenhafen : „Abschnitt 10“, so heißt der Friseur-Salon. Keine Terminvergabe, dafür 45 Minuten warten. Die Dreiviertelstunde verbrachten wir nicht, wie anzunehmen, mit Daddeln auf dem Handy, sondern mit Millieustudien. Einer Omma wurden sorgfältig Stück für Stück Röllchen in die verbliebene Frisur gedreht. Danach verschwand ihr Kopf mitsamt dieser Installation unter einer aus der Wand geschwenkten Plastikhaube, welche ein sonores Getöse abgab. In der Zeit widmete die Friseurin sich meiner. Bis jetzt, 5 Stunden später, wo wir diesen Bericht schreiben, haben wir es noch nicht gewagt, in den Spiegel zu schauen. Während die einen, wie gesagt, beim Friseur waren, wärmten sich die anderen bei der für den Abschnitt Heiligenhafen zuständigen JUNGE-Filiale auf dem Steinwarder auf. Gemeinsam hingegen verlief der Besuch in der Fischhalle. Sie ist nicht so einladend, gemütlich gastromisch auf den Punkt gebracht wie die System-Gastronomie Gosch, eher etwas nüchtern und spröde, nahezu spät-sozialistisch, aber wir besuchen sie immer gerne.
Großenbrode und Heiligenhafen
Volkswagen Bulli T3
Weltweit ist der Volkswagen Bulli T1 eine Ikone. Ebenfalls beliebt scheint uns die dritte Generation, der T3 zu sein, gebaut von 1979 bis 1992. In diesem Urlaub kamen uns 4 Stück vor die Linse: