Was kann man an einem schönen verregneten Samstag-Abend Ende August in Paderborn machen ? Genau. Eine Fahrt nach Borchen. Natürlich nicht in die zweigeteilte Kernstadt (Nord-, Kirch-) der Metropole am Zusammenfluss der großen westfälischen Ströme Alme, Altenau und Ellerbach, sondern zum schönsten von Borchens Stadtteilen. Alfen ? Etteln ? Schloss Hamborn ? Natürlich nicht.
Ewig waren wir nicht dort gewesen, vielleicht in den 1990er Jahren mal. Durchgefahren, nie angehalten, nie einen Fuß auf den Boden gesetzt. Wir sprechen von Dörenhagen. Das Dorf, das man aus Grosches Gedanken zu kennen meint, und doch nichts darüber weiß. Wir haben gegoogelt: Es ist das einzige Dörenhagen der Welt, und gehört daher sofort ins Guinness Buch der Rekorde. Wir vermuten, dass Dörenhagener nachts aufwachen und vor Stolz platzen : „Wow, ich bin ein(e) Dörenhagener(in) ! Ich fasse es nicht, ich halte es kaum aus. Ich muss sofort die Kinder wecken, damit sie das nicht verschlafen !“
Boah, es ist irgendwie aufregend, jetzt real und bewusst nach Dörenhagen zu fahren. Den ganzen Nachmittag hatten wir auf eine schaurige Optik gehofft, dass es abends regnet, und wirklich ! An diesem Samstag Abend bogen wir von der B68, von Paderborn kommend, rechts ab, wie übrigens alle. Wir hätten auch links abbiegen können, aber was will man schon in Dahl. In Dahl ist der Hund verfroren. Die meisten Reisenden denken so und biegen strikt südlich ab.
Eine Viertelstunde verharrten wir vor dem Ortsschild (welches leider etwas besudelt war, wie die Fotos zeigen) und wagten uns vor Ehrfurcht nicht ins Zentrum vor. Wärend dieser Zeit stiller Kontemplation kamen bestimmt an die 10 Autos von der Bundesstraße und nahmen ihren Weg ins Epizentrum. Echte Dörenhagener, Gäste, ahnungslos-unbedarfte Durchreisende, wer weiß das schon. Als es ganz dunkel geworden war, brachen wir die Übung ab und fuhren, ohne anzuhalten nach Borchen City weiter. Von allen Paderborner Satelliten-Städten ist uns Borchen die liebste, mal abgesehen von Sande, Delbrück, Salzkotten und Hövelhof. Welche werden hier nicht erwähnt ? Richtig.
Nun fällt uns eine alte Begebenheit ein. Von 1969 bis 1971 besuchten wir die Handelschule am Bischofsteich (korrekt: Städtische Handelslehranstalten Paderborn). Ein Klassenkamerad – hieß er nicht Georg ? – musste plötzlich im zarten Alter von 17 Jahren, was damals noch als minderjährig galt, den Tod seines Vaters verkraften. Von einem auf den anderen Tag übernahm er als Wirt selbstlos und pflichtergeben Vaters Gaststätte in Dörenhagen. Handelsschüler war er ab da nur noch im Nebenjob. Bewundernswert, wie er das schaffte. Ein paar Jahre später trafen wir ihn in seiner nachmittäglich verwaisten Gaststube und kamen ins Gespräch (Hallo, etc. …). Bei ihm lief Musik. Wir kennen uns damit nicht aus, glaubten aber, sowas wie die original Egerländer oder original Oberkrainer oder original Wildecker herausgehört zu haben. Georg, der wusste, dass wir damals in einer „progressiven“ (1970er-Jahre-Jargon) Jazz-Rock-Band spielten, sagte: „In fünf Jahren seid ihr auch dabei“. Nun, was glaubt ihr, hat er Recht behalten ?