War dies ein Messdienerausflug ?
In Jahren mit geraden Jahreszahlen ist im September in Köln die Photokina. Der Messdiener K. stuft dieses Event für sich im Prinzip als unverzichtbar ein. Köln ! Die Mischung aus Antike, WDR und Katholizismus. Und dann noch der Großkomplex Foto. Könnte man den obligatorischen Besuch nicht zu einem Messdienerausflug umfunktionieren?
Messdiener D., im Prinzip nicht ohne Foto-Ambitionen, war verhindert oder wurde nicht gefragt aus Angst vor einer Abfuhr.
K. dagegen hatte ein ausgeklügeltes Anreise-Konzept erarbeitet, welches die Bequemlichkeit des Bahnfahrens mit der Preisgünstigkeit des „schöner-Tag-NRW“-Tickets, die Möglichkeit, ein Bier trinken zu können und das Handicap, solche Tickets erst ab 9.00 Uhr benutzen zu können und dennoch zeitig in Köln anzukommen, genial miteinander verband.
Wir fuhren am 24.9.2008 mit dem sog. „besten Auto der Welt“ nach Hamm, parkten im Parkhaus hinter dem Bahnhof und saßen pünktlich kurz nach 9.00 in froher Erwartung im Zug. Da, wie bereits aus anderen Berichten bekannt, die Messdiener damals notorische Navi-Verweigerer waren, hatte K. kurz auszugsweise mit dem Bleistift einen zuverlässigen Stadtplan von Hamm skizziert, der uns sicher zum Ziel führte.
In Köln-Deutz standen wir erst ratlos rum und nahmen dann einen langen Fußmarsch durch Dauerbaustellen auf uns. Drinnen im Messegetümmel wussten wir nicht recht, was wir da sollten, und Messdiener O., ein grandioser Foto-Banause, drängte wortlos, nur durch mürrische Mimik und mentale Ungeduld spürbar, zum raschen Beenden. Im Galopp schauten wir noch schnell bei Hasselblad, Nikon und weiß nicht mehr eher vorbei als hin. Auf dem Hallen-Oberdeck war eine Vogelschau mit ganz niedlichen Adlern. Gewollte Assoziation: Adler = Teleobjektiv! Aus 100 Metern Entfernung wurde den Vögeln ein Regenwurm, eine Maus oder ein Schweinekottlett gezeigt, das die Tiere unbeeindruckt von den vielen Leuten und dem Getöse sich frei fliegend holen sollten, was sie auch taten. Brave Adler.
Zügig strebten wir dann zum Ausgang und zu Fuß über die Deutzer Brücke Richtung Hauptbahnhof. Für diesmal war nicht die übliche Tour durch die Altstadt mit Kölsch-Trinken am Altermarkt plus Steak in der runtergekommenen 80er-Jahre-Maredo-Steakhaus-Kette geplant, sondern ein kleiner abenteuerlicher Ausflug Rheinaufwärts, solange der Geltungsbereich NRW noch gegeben war. Das heißt: Bad Godesberg. Von Bad Godesberg versprachen wir uns einiges: Die nachwirkende Aura eines jahrzehntelangen Diplomaten-Brennpunktes, das Flair eines kurfürstlichen eleganten Bades, die Geschichtsträchtigkeit des mittleren Rheintales, milde und genießerische Lebensart. Doch nichts von alledem. Die nach Berlin gezogenen Diplomaten hatten nichts als triste Ödnis hinterlassen. Die Erinnerung ist zudem lückenhaft: O. behauptet im Nachhinein, wir wären in einer Nordsee-Filiale eingefallen, K. meint, es wäre ein Würstchen in einer Pommesbude hinter der Bahnunterführung gewesen. Wir zogen durch eine von weitem zwar igendwie nach Geld aussehende, aber ansonsten völlig tot wirkende Nebenstraße zum Rhein und setzten bei grau-trübem Wetter mit einer Fähre über nach Niederdollendorf. Ein paar Minuten später saßen – falsch, standen! – wir in der S-Bahn nach Köln. Erst in Hamm, wo das Auto wartete, wurde es wieder interessant: Wir verfuhren uns, gerieten nach Norden stadtauswärts und kamen auf Nebenstrecken (Heeßen, Lippborg, Herzfeld, Lippstadt) nach Hause. Leider war es stockdunkel.
Nachbemerkung: Für die Photokina 2010 wurde die Messdiener O. nicht mehr zur Teilnahme zugelassen. K. hatte Mitfahrgelegenheit, leider ohne jegliches touristisches Rahmenprogramm, wenn man von einem lausigen teuren Kaffee im Stehen am Rande einer düsteren Messehalle mal absieht. Das war jedoch abzusehen, weil der Mitfahrgelegenheitsbieter als notorischer Verweigerer von touristischen Rahmenprogrammen gilt. Hoffentlich liest er dies hier mal.